Nachhilfeprojekt des Jugendmigrationsdienstes Düsseldorf: Deutschlernen per Videokonferenz

Schülerin sitzt an einem Schreibtisch vor einem Laptop
Das Lehrbuch neben dem Laptop – Shelly Multani, selbst Schülerin, gibt anderen Nachhilfe per Videokonferenz.© JMD Düsseldorf / Servicebüro Jugendmigrationsdienste

Seit Anfang 2019 gibt es das Nachhilfeprojekt „Durchstarten“ des JMD Düsseldorf der Diakonie, das größtenteils Jugendliche aus internationalen Förderklassen unterstützt. Die Lehrerinnen und -lehrer sind selbst junge Menschen, gehen teilweise in die gleiche Schule wie ihre Schülerinnen und Schüler. Dass die Nachhilfe auch in Zeiten der Pandemie weitergehen müsse, stand für Kamil Basergan und Elisabeth Slama, die das Projekt koordinieren, fest. „Zu Hause sprechen die Jugendlichen kaum Deutsch, aber es ist wichtig, dass sie die Sprache nicht vergessen“, so Kamil Basergan. Die Lösung: Nachhilfe per Videokonferenz.

Anfang April hat der JMD mit der Umstellung begonnen und wurde durch Spenden unterstützt, die der Diakonie Düsseldorf speziell für Corona-Problemlagen zur Verfügung gestellt wurden. „Wir haben für einige Jugendliche Handyguthaben und Tablets besorgen können, damit sie von zu Hause aus lernen können“, erklärt Kamil Basergan. Insgesamt seien es 70 bis 80 Jugendliche, die in verschiedenen Gruppen teilnehmen, darunter auch einige, die ganz neu mit dabei seien.

Lesen, verstehen, erörtern – Deutschunterricht digital

Eine der Lehrerinnen ist die 18-jährige Shelly Multani. Sie geht in die 11. Klasse und ist ihren drei Schülerinnen und Schülern damit ein Schuljahr voraus. Normalerweise treffen sie sich ein- bis zweimal die Woche für jeweils drei Stunden. Für die Online-Nachhilfe hat Shelly die Stunden aufgeteilt und unterstützt ihre Gruppe dreimal wöchentlich jeweils eine Stunde lang.

Auf dem Plan steht der Stoff aus dem aktuellen Deutschunterricht. Thema: Hate Speech und Beleidigungen im Netz. Alle haben den gleichen Text aus dem Buch vor sich liegen, Rayan beginnt laut vorzulesen. Nach dem Abschnitt fragt Shelly in die Runde: „Gibt es Wortfragen oder habt ihr alles verstanden?“ Es gibt Unklarheiten. Was ist gemeint mit „Verleumdung“ oder „Volksverhetzung“? Shelly erklärt die Begriffe, ohne lange nachdenken zu müssen, souverän und verständlich.

Portrait von vier Jugendlichen bei einer Videokonferenz
Trotz kleinerer Hindernisse: Dass Nachhilfe ohne persönlichen Kontakt möglich ist, zeigt diese digitale Nachhilfegruppe.© JMD Düsseldorf / Servicebüro Jugendmigrationsdienste

Ist der Text verstanden, geht es an die darunter stehenden Aufgaben. Es sollen Hasskommentare und Beleidigungen aus einem Beispielbeitrag markiert und die Wirkung der Sprache analysiert werden. „In dem Kommentar hier wird jemand kritisiert, nur weil sie eine Frau ist“, meint Esad. „Das ist Diskriminierung.“ Und Rayan erkennt: „Der nächste Kommentar hat 20 Likes. Also bekommt er sogar Unterstützung von anderen, obwohl es ganz klar Hass ist.“ Auch bei der nächsten Aufgabe, einer Erörterung, wissen alle, was zu tun ist. Am Ende diskutieren sie über die Frage, ob und wie am besten auf Hasskommentare und Beleidigungen reagiert werden sollte.

Lob und Dankbarkeit

Nach 60 arbeitsintensiven Minuten ist die Nachhilfe zu Ende. Das Fazit der Jugendlichen? Dass die Nachhilfe online weitergeht, sei eine riesige Unterstützung und habe sogar Vorteile: „Wir müssen uns nicht an einem Ort treffen, jeder ist zu Hause und hat seine Materialien immer dabei“, erklärt Esad. Durch die Aufteilung der Stunden auf drei Tage werde die Nachhilfe entschlackt und es könne in kürzeren Abständen Deutsch geübt werden.

Die Schülerinnen und Schüler sind dankbar für das Angebot. „Wenn wir die Aufgaben vorher besprechen, können wir uns im Unterricht besser ausdrücken“, erklärt Esad. Und Yusuf fügt hinzu: „Es hilft nicht nur für Deutsch. Wenn wir Themen besprechen, lernen wir auch, unsere Meinung zu erläutern. Man braucht Mut, um in der Öffentlichkeit Deutsch zu reden. Ich habe durch die Nachhilfe keine Angst mehr zu sprechen.“

„Durchstarten“ auch im Sommer digital

Shellys Nachhilfegruppe ist nicht die einzige, die sich positiv äußert. So erklärt Kamil Basergan vom JMD, dass sowohl die Lehrerinnen und -lehrer als auch Schülerinnen und Schüler sehr gut mit den Videokonferenzen zurechtkommen würden und dankbar dafür seien, dass das Projekt weitergeführt werden könne.

Bis zum Ende des Schuljahres und während der Sommerferien findet die Nachhilfe noch digital statt. Abhängig davon, wie sich die Situation in den Schulen entwickelt, soll aber auch bald wieder persönlich „durchgestartet“ werden.

Text: JMD Düsseldorf / Servicebüro Jugendmigrationsdienste