Polit-Parcours 2021 - Leben und leben lassen

Mehrere Karten mit der Aufschrift Leben und leben lassen liegen auf einem Tisch
Das Politparcours-Material im eigenen Design© Lucas Heinisch

Um interessierte Jugendliche für die Rolle der „Peers“ zu finden, wurde an einer Kooperationsschule eine freiwillige AG zum Thema „Geschlechtliche und sexuelle Vielfalt“ angeboten. Schnell fanden sich vier motivierte Jugendliche, die für den Parcours einen aussagekräftigen Titel entwarfen und die Stationen des bereits im Vorjahr erstmals durchgeführten Parcours gemeinsam mit pädagogischen Fachkräften überarbeiteten. Hierzu bespielten sie jede einzelne Station und verbesserten sie besonders im Hinblick auf ein jugendgerechtes Format. Gleichzeitig erweiterten sie ihren Wissenstand zum Thema und wurden Expertinnen und Experten für die Durchführung des Polit-Parcours.

Die Stationen des Parcours mit Titeln wie Uni-Sex-Laden, Galerie der Vielfalt, Empathie-Roulette, Poker der Vorurteile oder Create your flag setzten sich mit den Themen zugeschriebene Geschlechterrollen, Geschlechtsausdruck, Identität, Diskriminierung und Vorurteile auseinander. Das „Casino“ war beispielweise ein in Samttüchern gehüllter Raum, in dessen Mitte ein Pokertisch aufgebaut war. Mit zarten Jazz-Tönen im Hintergrund konnten sich die Jugendlichen mit Spielen wie dem Vorurteils-Poker und dem Empathie-Roulette im Abbau von Vorurteilen und im Stärken von Empathie üben. Vor allem Fragen wie „Stell dir vor, du bist eine transsexuelle Person und bekommst deswegen keine Ausbildung“, wurden hitzig diskutiert. Am Ende der Station sagte eine Schülerin: „Hieran müssten unsere Lehrer und Eltern auch mal teilnehmen.“

Auf einem Tisch steht ein Roulette umgeben von vielen Empathie-Karten.
Eine Station des Parcours: das „Empathie-Roulette“© Lucas Heinisch

Das Highlight war die Station „Lifestreams“. Dabei handelt es sich um ein neues Projekt des bsj Marburg e.V., bei dem Jugendliche und junge Erwachsene die Möglichkeit haben, mit unterschiedlichen Menschen ins Gespräch zu kommen. Diese Station überraschte somit durch einen homosexuellen oder transsexuellen Menschen, welcher sich den Kleingruppen als Gesprächsperson zur Verfügung stellte. So wurden die Jugendlichen animiert, mit unterschiedlichen Menschen ins Gespräch zu kommen. Häufig interessierten die Jugendlichen sich für Fragen, wie „Wie bekommt man als homosexuelles Pärchen ein Kind? Wie hast du als Trans-Mann einen Bart bekommen? Und was haben deine Eltern gesagt als du dich geoutet hast?“. Die Jugendlichen hatten so die Chance, Geschichten mitten aus dem Leben zu hören und aus Fragen Antworten zu machen.

Mit einem flexiblen Ansatz, der auf unterschiedlichste Zielgruppen ausgerichtet ist, konnte der Polit-Parcours mit dem konzipierten Format sowohl erste Berührungspunkte mit dem Thema schaffen, als auch Begriffe festigen und tiefgründige Diskussionen ermöglichen. Es wurde deutlich sichtbar, dass ein Großteil der Teilnehmenden geschlechtliche und sexuelle Vielfalt als normalen Teil ihrer Gesellschaft begreifen. Der restliche Teil hatte die Gelegenheit, sich dem Thema langsam anzunähern und zeigte ebenfalls Interesse an den neuen Inhalten.

Über JUGEND STÄRKEN im Quartier

Mit JUGEND STÄRKEN im Quartier bündeln das Bundesjugendministerium und das Bundesinnenministerium erstmals Mittel des Europäischen Sozialfonds (ESF) in einem gemeinsamen Programm. Der Bund beteiligt sich mit jährlich rund 24,8 Millionen Euro aus dem ESF und 1,1 Millionen Euro aus Bundesmitteln. Dadurch wird die kommunale Jugendsozialarbeit vor Ort entscheidend gestärkt. Derzeit werden in 160 Kommunen Projekte umgesetzt.