Bühne frei im Rhein-Sieg-Kreis! - Respekt statt Mobbing: Theaterprojekt zeigt Alternativen

Das Foto zeigt Teilnehmende am Theaterprojekt auf der Bühne
Das „Forumtheater inszene“ lieferte den Impuls für die Projekttage.© Servicebüro Jugendmigrationsdienste

Es herrscht aufgeregtes Gemurmel, als die Schülerinnen und Schüler der 8. Klasse an diesem Morgen in die Stadthalle direkt neben ihrer Schule in Rheinbach bei Bonn kommen. Das Bühnenbild des „Forumtheaters inszene“ ist recht spartanisch: Ein paar Tische, ein paar Stühle – mehr braucht es nicht. In den folgenden eineinhalb Stunden geht es auf der Bühne um das Thema Mobbing: Die Darstellerinnen und Darsteller spielen einzelne Szenen, die Theaterleiterin Friderike Wilckens-von Hein unterbricht immer wieder, fragt die Schülerinnen und Schüler bei den inszenierten Konflikten nach Lösungsvorschlägen, gibt daraufhin neue Szenarien vor, die das Ensemble dann umsetzt.

Die Handlung auf der Bühne ist einfach: Ein Mädchen und ein Junge mobben eine Klassenkameradin. Warum tun sie das? „Weil sie es lustig finden“, antwortet ein Schüler aus dem Zuschauerraum. Was kann man dagegen tun? „Die Mitschüler könnten zu einer Lehrerin gehen“, lautet der Lösungsvorschlag aus dem Publikum. Und so hangeln sich die Jugendlichen durch die Thematik, immer auf der Suche nach Lösungen. Und wer einen guten Vorschlag hat, darf direkt auf die Bühne und mitspielen.

Ist Gewalt eine Lösung?

Die Diskussion gegen Ende des Stücks nimmt dann eine etwas überraschende Richtung: Einige der Zuschauerinnen und Zuschauer stellen die Theorie auf, dass sich ein solcher Konflikt nur mit Gewalt lösen lasse. Das lässt auch Viola Schwermer aufhorchen. Sie hat als Respekt Coach beim JMD Rhein-Sieg-Kreis linksrheinisch (Katholische Jugendagentur Bonn) die Projekttage organisiert. „Da musste ich schon erst einmal schlucken“, sagt sie zur Stimmungslage in einem Teil des Publikums. „Es zeigt aber auch sehr gut, dass viel Bedarf ist, darüber zu sprechen.“ Sie ist froh, dass Zeit bleibt, weiter über das Thema zu diskutieren.

Nach der Theateraufführung verteilen sich die Schülerinnen und Schüler nämlich auf Kleingruppen, in denen das Thema weiter aufgearbeitet wird. „Hier in der Gruppe ist die Hemmschwelle niedriger, sich aktiv zu beteiligen“, erläutert Viola Schwermer.

Thema wird in Kleingruppen vertieft

Die Schauspielerin und Theaterpädagogin Laura Weider macht mit ihren Schützlingen zunächst einige Übungen, um die Schülerinnen und Schüler etwas aus der Reserve zu locken. Gesucht werden Beleidigungen, die sich die Jugendlichen dann gegenseitig an den Kopf werfen sollen. Anschließend wird diskutiert, was eine schlimme und was eine eher harmlose Beleidigung ist.

Das Foto zeigt Laura Weider bei einer Übung mit Teilnehmenden
Laura Weider (rechts) setzt bei ihrer Arbeit auch auf Vertrauensübungen.© Servicebüro Jugendmigrationsdienste

Dann stellt sie die Frage: Was trifft Euch besonders hart? „Wenn jemand Gerüchte verbreitet und Dinge verdreht, sodass Unwahrheiten entstehen“, sagt Moritz. „Wenn jemand deinen Ruf beschädigt“, fasst es Julia zusammen. Mit verschiedenen Übungen wird spielerisch versucht, das Vertrauen zwischen den Schülerinnen und Schülern zu stärken, die Distanz zwischen den Jugendlichen zu verringern. „In erster Linie soll es Spaß machen“, sagt Laura Weider. Aber natürlich gibt es auch ein Ziel: „Wir wollen etwas dafür tun, dass wir respektvoll miteinander umgehen.“

Theateraufführung verursacht Redebedarf

Immer wieder kommt auch das Theaterstück zur Sprache, es arbeitet spürbar noch immer in den Schülerinnen und Schülern. Es zeigt sich, dass die Selbstbeschreibung des „Forumtheaters inszene“ voll und ganz passt: „Mit einer lebendigen Veranstaltung Impulse auslösen“, heißt es dort. „Es gab immensen Redebedarf“, fasst Respekt Coach Viola Schwermer nach den zwei Projekttagen zusammen. Ein Schüler habe es so auf den Punkt gebracht: „Es ist traurig, zu sehen, dass an unserer Schule so viele denken, dass Gewalt die einzige Lösung ist.“ Die Projekttage hätten sehr deutlich bessere Alternativen dazu aufgezeigt, Konflikte mit Gewalt zu lösen, bilanziert die Respekt-Coaches-Mitarbeiterin, die das Thema auch in Zukunft weiter vertiefen will.

Erste Fortschritte dabei, das Gemeinschaftsgefühl und den gegenseitigen Respekt zu erhöhen, bringen an den beiden Tagen neben dem Theaterprojekt auch eine Tanz- sowie eine Rap-Gruppe. Insgesamt sind rund 170 Schülerinnen und Schüler dabei. Viola Schwermer zieht aus den Projekttagen auch die Erkenntnis, dass die Corona-Pandemie Spuren bei den Jugendlichen hinterlassen hat. Der Umgang miteinander müsse nach Lockdown und Homeschooling wieder geübt werden. „Ein solches Projekt gibt Raum für ein Thema, das im Schulalltag zu kurz kommt“, beschreibt sie den Nutzen.

Das Foto zeigt eine Liste mit Wünschen der Teilnehmenden
Was können wir ändern? Die Forderungen sind ganz konkret.© Servicebüro Jugendmigrationsdienste

Am Ende der Projekttage bleiben ganz konkrete Vorsätze und Forderungen an sich und an die anderen, die die Schülerinnen und Schüler fassen: „Anderen mehr Respekt zeigen“, ist dort etwa zu lesen oder „sich selber zu akzeptieren“. Ob das in der täglichen Realität in der Klasse dann auch beherzigt wird, muss sich zeigen. Der Grundstein dafür ist zumindest gelegt.

Text: Servicebüro Jugendmigrationsdienste